Das Trentino oder alle Wege führen nach Rom

1. August 2020 2 Von Hans Fischaleck

Das Sprichwort mit all den Wegen, die nach Rom führen, haben wir schon häufig benutzt. Was aber niemand dazusagt: Es sind nicht immer die geradesten und kürzesten Wege, die dahin führen. So heute erlebt beim Einstieg in Lavis, als der Weg der Morgensonne entgegen ging (also nach Osten, eigentlich wollen wir nach Süden…). Als der Weg dann nach Norden abbog, wurde ich skeptisch, dann tat sich wieder eine Wendung nach Osten auf, dann ein kurzer Südschwenk über eine Holzbrücke und das Ganze nach Westen zurück. In einer Stunde 5,5 km geschafft, aber nur 2 km vom Ausgangspunkt weg – toll!!

Hier bei Lavis war heute der Einstieg für die 19. Etappe unserer Wanderung
Morgenstimmung im Trentino – die Berge werden niedriger und sind bis oben hin bewaldet
Der frühe Vogel fängt den Wurm – das dachte wohl auch der Fischer, den ich von der Holzbrücke aus beobachten konnte

Von da an ging es mehr oder weniger der Etsch entlang, und der Weg wechselte oft das Etschufer. Ich wunderte mich, dass morgens schon so viele Radfahrer unterwegs waren, mehr als sonst. Da fiel mir ein: Heute ist ja Samstag. Man verliert als Pilger leicht den Überblick, weil es ja auch egal ist. Unsere Hauptaufgabe ist das Pilgern nach Rom, sonst nichts. Und nach eineinhalb Stunden war zu erkennen: Jetzt ist man in Trient angekommen, nach der auch die autonome Provinz benannt ist.

Die Kanaldeckel tragen alle das Symbol der autonomen Provinz Trient

Der Tag versprach heute nochmals heiß zu werden, bis 36 Grad. da ist frühes Aufstehen angesagt. Auch für Wasser soll gesogt sein. Anders als die vielen Brunnen am Brenner gibt es hier entlang des Radwegs immer wieder Wassertankstellen. Allerdings ist das Wasser nicht mehr so kühl wie im Norden.

Wasserstelle vor Trento Nord

Hier schmiegt sich auch die Etsch ganz eng an die Felswände am rechten Flußufer. Das fruchtbare Land mit seinen Obstplantagen, Weinbergen und Schrebergärten zieht sich durch die Ebene nach links. Jeden Meter tun sich neue Blickwinkel auf. Es ist herrlich. Da musste ich unweigerlich an den heutigen Tagesimpuls denken: … „damit wir Deine Wunder entdecken können in allem, was uns umgibt…“

Der heutige Morgenimpuls – Michael Fuchs, der Generalvikar im Bistum Regensburg, hat uns bei der Reisesegnung für jeden Tag eine kurze Lesung und einen Impuls mitgegeben
Hier schmiegt sich die Etsch an die steilen Felswände
Die Etsch kurz vor Trient

Die Sonne wärmte heute sehr schnell, und es gab bislang wenig Schatten. Da tat sich der Blick nach Trient auf, im Hintergrund der Domturm mit der „Haube“.

Blick auf den Domturm von der Etschbrücke aus
Villen und Weinberge gegenüber Trient – nicht die schlechteste Wohnlage
Gegenüber der Stadt steht auf dem Felsen das Mausoleum Cesare Battisti, ein Werk des Veronesers Ettore Fagioli, inspiriert durch die römische Antike

Man taucht unvermittelt ein in die Stadt, die so viel Platz hat, dass es einen Fußweg und einen Radweg an der Etsch entlang zeitigt. Ich war schon ein paarmal in Trient, aber es ist zu Fuß ein völlig anderes Ankommen dort. In einer Bar war nach zwei Stunden Marsch eine kleine Pause angesagt: Un cafè e un mezzo di aqua frizzante. Dann ging es der Etsch entlang weiter, unter einer Platanenweg mit uralten Bäumen. Diese haben sicher Kaiser Franz Josef I. schon Schatten gespendet.

Hier sitzt man schön, und hat nicht weit ins Zentrum
Gegenüber der Bar, am anderen Etschufer: Die Parrochia dell `Antica Abbaziale di Sant Apollinare aus dem 12. Jahrhundert
Eine Allee aus lauter gewaltigen Platanen, die sicher 200 Jahre alt sind
Selbst das Schicksal des Bären Bruno berührte die Trientiner – ohne das Gebet der Elisa Zeni unkenntlich zu machen

Hinter Trient kommen regelmäßige Motorengeräusche von einem nahe gelegenen Flugplatz. Es wir heißer, es weht kaum ein Wind. Vororte werden durch Obstplantagen abgelöst. Da tauchen Wassersprenkler auf, und ich dachte nur eines: Kalt duschen!!!!

Wassersprenkler als „Lebensretter“…
… und so sieht man dann nach der Dusche aus: Wie eine getaufte Wassermaus!

Weiter ging der Weg zur nächsten Brücke, wo der Weg wieder das Etschufer wechselte. Diese führte nach Matarello, der Partnerstadt von Ergolding. Und ich befand mich weiter auf der Via Claudia Augusta…

Das Hinweisschild…
… und der Ort mit seinem Kirchturm, der einen typischen Haubenabschluss hat
Das Schild an der Brücke sagt mir, dass ich immer noch auf dieser alten Römerstraße unterwegs bin

Jetzt wird es brütend heiß, und das Wasser geht zur Neige. Die Wassertankstellen bleiben aus, es hilft nur noch Karl. Der macht sich mit einem Sixpak Wasser auf die Reise, und trifft dann in Besenello auf den durstigen Wanderer. Besenello ist auch der Endpunkt der heutigen Tour. Wir übernachten noch in Mezzocorona. Hier gibt es eine Seilbahn, die von der Kirche direkt auf den Monte di Mezzocorona fährt – und einen tollen Blick preisgibt.

Hinter der Kirche ist die Talstation…
… und die Seilbahn fährt ohne Zwischenpfeiler direkt zu dem Haus auf der Höhe Höhenunterschied: 623 Meter! Mit scharfen Augen kann man sogar die beiden Gondeln sehen: Klein, aber fein!