Am Bolsenasee…

24. August 2020 5 Von Hans Fischaleck

Der Bolsenasee ist für mich wie Fernweh, Heimat und Erholung zugleich. Im Jahre 2002 kam ich zum ersten Mal mit dem Kirchenchor Ergoldsbach nach Montefiascone über dem Bolsenasee. Und der See wurde zum Symbol für Erfrischung, Erholung, Spaß, Kurzweil. „Andiamo al lago, al muretto“, so tönte es an heißen Tagen aus den Mündern unserer Freunde aus Montefiascone. Das werde ich nie vergessen! So war ich schon …zig Mal am See, immer wieder anders, immer wieder vertraut. Und das sollte heute unser Ziel sein. Auch Sepp, der bei mir im Chor gesungen hat und später auch mit dabei war, wird mir kaum widersprechen.

Das Morgenlicht bei Centeno ließ gegenüber am Berg die Stadt Proceno hell erstrahlen. Leider waren die ersten Kilometer nur wieder mit Hilfe der Via Cassia, der alten Römerstraße, machbar. Aber so früh ist wenig los – überhaupt wundern wir uns, wie viele Betriebe hier stillstehen. Urlaub? Pleite? Wir können nur mutmaßen.

Die Stadt Proceno liegt erhaben auf einem Bergrücken in der Morgensonne
Ein lustiges Detail am Straßenrand: Die Markiermaschine hat auch die Spielzeugschaufel markiert, die anschließend verrutscht ist…

Wir müssen als erstes nach Acquapendente, und dazu finden wir nach etwa 4 Kilometern die Via Francigena wieder, die uns oft schon von der Hauptstraße wegführte. Durch einen Wald steil bergauf – dann läutete das Telefon. Roberto Aronne, mein Chorleiterkollege und Freund aus Montefiascone war dran. „Come stai?“ Natürlich geht es mir gut! Wir verabreden uns für morgen in Montefiascone, ich rufe ihn vor dem Abmarsch morgen noch einmal an, um Details zu besprechen. Kurz darauf ist Stephan Ziegler am Telefon. Auch er will wissen, wann wir eintrudeln, was wir machen wollen. Stephan ist Tierarzt in Montefiascone und stammt aus Ergoldsbach. Wenn er in Deutschland ist, treffen wir uns meistens und kochen zusammen – natürlich italienisch! Er wird uns für zwei Tage beherbergen.

Dann erreichen wir Acquapendendte, die „hängenden Wasser“. Das Gebiet des heutigen Acquapendente ist altes etruskisches und römisches Siedlungsgebiet, wie aus zahlreichen Artefakten der näheren Umgebung hervorgeht. Der Ort selbst wurde jedoch zum ersten Mal im 9. Jahrhundert nach Christus im Zusammenhang mit einer Burg Farisa bzw. Arisa an der Via Francigena erwähnt. 964 wurde der Name Acquapendente(m) das erste Mal in einem Dokument von Kaiser Otto I. erwähnt. Der Stadtname („Hängende Wasser“) bezieht sich auf die zahlreichen kleinen Wasserfälle der Umgebung, aus denen sich der Paglia speist, der die örtliche Grenze zwischen Latium und der Toskana bestimmt (aus „Wikipedia“).

Acquapendente gehört bereits zur Provinz Viterbo in Tuscien
Von Weitem sieht man bereits die Kirche von Acquapendente…
Hier ein Ausschnitt der Via Francigena bei Acquapendente
Durch dieses Tor führte uns die „Frankenstraße“ nach Acquapendente
Kunst neben dem Eingangstor…

Bisher haben wir die Via Francigena in drei varianten kennengelernt: Zu Fuß, mit dem Rad, mit dem Auto. Heute kam eine vierte Variante hinzu…

Die romanische Kirche San Francesco von Acquapendente von Nahem…
… und die Basilika San Sepolcro, die Konkathedrale des Bistums Viterbo aus dem jahre 1149 mit Anbauten aus dem 17. Jahrhundert

Diese Stadt ist voller Geschichte. Den Barbarossaturm, das letzte Überbleibsel einer Stauferburg, habe ich leider gar nicht zu Gesicht bekommen. Wir biegen nach rechts ab, in den Via Francigena, um der Via Cassia zu entkommen. Da lässt sich gut wandern, es geht durch Wald und Flur. Da sehen wir auch mal ein Solarfeld. Bisher haben wir uns gewundert, dass gerade in Italien keine Solarenergie erzeugt wird, obwohl hier pro Jahr viel mehr Sonnenstunden zu verzeichnen sind. Bei uns wird es subventioniert, aber muss ich etwas subventionieren, was sich eigentlich alleine tragen soll? Mir kommen Zweife, wenn es selbst in Bella Italia selten genutzt wird…

Ein Solarfeld hinter Acquapendente…

Es geht flott voran, weil es meistens eben dahin geht, nur nach der Überquerung einer Strada provinciale geht es noch einmal bergauf. Ich denke, wann wir wohl zum ersten mal den Bolsenasee zu Gesicht bekommen werden. Der Gedanke ist noch nicht zu Ende gedacht, da taucht er vor uns auf: Der Bolsenasee!!

Der erste Blick auf den Bolsenasee, von San Lorenzo nuovo aus…
Der erste Blick nach Montefiascone, das im Dunst der Mittagssonne auf dem Hügel kaum erkennbar ist…

Es geht weiter Richtung See, durch Felder und Olivenhaine. Die Oliven tragen heuer gut! Nachdem die letztjährige Ernte schlecht war, wird es die Landwirte freuen.

Olivenbäume, soweit das Auge reicht…

Wir sehen zwei Wanderer auf uns zukommen, aber wir sehen es erst spät: Es sind Elisabeth und Michi, die uns im Olivenhain überraschen! Und nicht nur das: Sie haben auch an energiereiche Nahrung für die Pilger gedacht…

Zur Stärkung gabe es einen Ruppaner Weizenbock aus Konstanz. Als Pilger muss man allerhand aushalten… (:-))

Dann waren wir endlich am Bolsenasee. Ich hatte meine Badehose und ein Handtuch eingepackt, und dann ging es ab in den See. Donnergrollen und Blitze mahnten uns zum Weitergehen. Es braute sich ein Gewitter zusammen…

Über Montefiascone entlud sich ein Gewitterschauer…
…aber wir wollten noch weiter bis Bolsena…

Wir gingen wieder die Francigena entlang, und an der Uferstraße des Sees sahen wir die erste Dattelpalme auf unserer Wanderung.

Die erste Dattelpalme auf unserer Reise – links daneben die bisher vorherrschenden Hanfpalmen..
So ein schönes Schild haben wir bisher nicht gesehen: Auf Kacheln am Marmorblock befestigt…

Dann sahen wir die Burg von Bolsena, unserem heutigen Ziel. Morgen werden wir in Montefiascone sein.

Die Burg der Monaldeschi della Cervara thront über der der Altstadt….
Bolsena ist auch der Ursprung des Fronleichnamsfestes, aber darauf werde ich morgen eingehen, wenn es die Freunde aus Montefiascone zulassen… (:-))