Nachtrag zum 14.08. oder der Mann von der Tankstelle…

15. August 2020 2 Von Hans Fischaleck

Der gestrige Blog ist in sich schlüssig, verheimlicht aber ein ganz wesentliches Detail: Als Sepp und ich im Morgenwind am Ortsausgang an einer Tankstelle „vorbeischwebten“, grüßte uns ein Mann sehr freundlich, der gerade damit beschäftigt war, ein Auto zu säubern. Er fragte uns nach woher und wohin, und dann war es um ihn (und auch um uns) geschehen.

Der „Mann von der Tankstelle“ hatte uns angesprochen…

Er wollte uns unbedingt etwas Wichtiges zu dieser Gegend mitteilen, die im 2. Weltkrieg hart umkämpft war. Er zeigte uns Bilder, die mehrere Männer in Zivil und einen Bischof (es war der Erzbischof von Bologna, wie sich im weiteren Verlauf herausstellte) zeigten, wie sie ein Friedensmal auf einem Berg hier um die Ecke einweihen. Dabei waren die Flaggen von Deutschland, Italien, Großbritannien und Südafrika!! aufgestellt. Unser italienisch reichte leider nicht aus, dem allem konsequent zu folgen. So verabredeten wir uns für Nachmittag noch einmal, da sei sein Sohn hier, und der hätte einen Abdruck der ganzen Geschichte in Deutsch.

Wir fragten auch nach einer Kirche auf dem Berg über unserer Herberge, wo wir immer nur die Turmspitze sahen, aber nicht, was alles dahinter steckt. Ja, ja, das sei das Santuario delle Beata Vergine di Serra in Ripoli, unbedingt sehenswert. Nachdem heute der 15. August und damit Maria Himmelfahrt ist, bot sich ein Besuch dieser Marienkirche direkt an.

Von dieser Kirche ragt nur die Turmspitze über die Bäume…

Nach unserem Marschpensum musste ich noch in die Farmacia, weil sich gestern eine längst verheilt geglaubte Knochenhautentzündung am rechten Schienbein bemerkbar machte. Als „Collega“ verlangte ich nach einem Diclofenac-Gel, und sie brachte mir Ibuprofen-Gel. Ich machte noch einmal deutlich, dass ich Diclofenac wollte, nicht irgendein Schmerzgel. Dann gab ich mich als deutscher Kollege zu erkennen. „Aha“, sagte die Apothekerin, „deshalb sprechen Sie immer über Moleküle und nicht über Handelsnamen“. (:-)) Da hatten wir unseren Spaß. Und Diclofenac retard 75 mg nahm ich mir auch gleich noch mit. Das ist verschreibungspflichtig, aber mit meinem Apothekerausweis war das kein Problem.

Die Fahrt zur Kirche hinauf nach Ripoli war sehr romantisch. Man sieht die Straße von außen nicht, weil sie immer unter dem grünen Blätterdach der Bäume verläuft. Und überdies gab es gerade einen Gewitterregen mit Sonnenschein, der alles noch in ein besonderes Licht tauchte.

Ausblick bei Gewitterregen…

Wir kamen direkt oben bei der Kirche an, aber sie war verschlossen. Ich umrundete die Kirche, fand aber keinen offenen Eingang.

Die Marienkirche über dem Tal der Serra in Ripoli. Zwei Wasserscheue stehen im Türrahmen, während ich die Kirche umrunde.

Da näherte sich ein Auto, und ein Mann ging in die Kirche. Wir folgten unauffällig, und da öffnete sich die Türe des angebauten Nebengebäudes. Der Mann erwartete uns nicht hier, und er erschrak, fragte aber sogleich freundlich, welches Begehr wir hätten. Er sprach englisch. Wir erzählten von unserer Pilgerschaft nach Rom, und er zollte uns Respekt! Er sei auch schon mal 150 km am Jakobsweg gegangen, aber das sei gar nichts. Unsere Frage, woher er denn käme, beantwortete er damit, dass er erst seit kurzem hier sei. Er komme aus Como – ah, am Comer See, sehr schön, ergänzten wir. Darüber war er sehr erfreut! Aber wir machten durchaus deutlich, dass Como zwar sehr schön sei, aber nicht so schön wie Regensburg. Leichte Zweifel ließen seinen Kopf hin- und herwanken. Wir verstanden uns gut! Er zeigte uns die Kirche, mein Blick ging auch zur Orgel. Aber da war nur die Hülle zu sehen, keine Pfeifen. Ja, die seien bei der Instandsetzung, weil es eine sehr wertvolle Orgel sei. Schade, ich hätte gerne darauf ein Marienlied gespielt.

Aber der Hochaltar war beeindruckend. er trägt in der Mitte eine Madonna mit Kind aus dem Jahr 1603. Was man nicht sieht: Die Figur ist nicht aus olz, sondern aus Terracotta! Das habe ich dem vom Pfarrer als Geschenk überreichten Führer entnommen.

Der Hochaltar des Santuario delle Beata Vergine di Serra mit einer Marienstatue aus Terracotta
Noch ein Blick zur Decke dieser wunderschönen Marienkirche. Dass es der Vorabend von Mariä Himmelfahrt war, machte alles noch schlüssiger

Wir verabschiedeten uns freundlich und bedankten uns für so viel Aufmerksamkeit. Der Opferstock der Kirche bekam nicht nur unser erspartes Autobahngeld, sondern noch etwas mehr…

Dann fuhren wir, wie verabredet, zur Tankstelle. Der Mann war sehr beschäftigt, weil doch viele Kunden kamen. Da spricht uns jemand von hinten in bestem Deutsch an: „Na, wohin geht`s denn mit dem Radl?“ Wir drehen uns um und sehen einen jungen Burschen auf uns zukommen, der aus einem (schmutzigen) italienischen Auto stieg. Nichts Radl, zu Fuß!! (er kam auf die Idee, weil wir am Auto mit Hilfe eines Radständers ein Fahrrad transportieren, das dem Support auf Radwegen gute Dienste leistet). Es stellte sich heraus, dass seine Mutte Deutsche aus Ulm ist, er aber hier wohnt und die ganze Geschichte der Gegend kennt. Elias, so hieß er, legte uns die ganze Geschichte dar, mit dem Futapass und dem dortigen deutschen Soldatenfriedhof (dort ruhen über 30.000 gefallene deutsche Soldaten aus dem 2. Weiltkrig).In der Nähe sei ein Massaker an Frauen und Kindern durch einen deutschen Leutnant verübt worden, der erst heuer vor Gericht gestellt wurde – es sei in allen deutschen Zeitungen gestanden (????). Ich habe davon nichts mitbekommen. Die Italiener hätten nach dem „Seitenwechsel“ internationale Hilfe angefordert, und daher sei eine Armee aus Südafrika in Italien gelandet. Jetzt schloß sich der Kreis wieder. Das Friedensmal trägt daher auch die südafrikanische Flagge. NIE WIEDER KRIEG!!!!

Mein Vater war u.a. auch in Italien, wurde aber zwischen Anzio und Nettuno (südlich von Rom) von den Amerikanern gefangen…