Durch die Poebene…
Auf unseren Trainingswanderungen haben Sepp und ich immer darüber gesprochen, dass sie die große Herausforderung wird: Die Poebene! Immer flach, kein Schatten, kaum Wind, und oft heiß! Das sollte sich heute schon gleich bewahrheiten. Die nächsten Tage sind purer Sonnenschein und Temperaturen von über 30 Grad angesagt.
Morgens starteten wir zeitig, um der größten Hitze des Tages zu entkommen. Wir starteten unsere heutige Tagestour wieder an dem Kanal, an dem wir gestern Franz getroffen hatten. Dieser Kanal führt auf dem Weg nach Verona auch an Bussolengo vorbei, wo wir für zwei Tage unser Quartier aufgeschlagen haben. So gehen wir quasi wieder zurück. Die Sonne scheint bereits ohne Erbarmen, es weht kein Wind. Alleine die Zypressen am Rand des Radwegs spenden Schatten. Eine Ente schwimmt mit uns um die Wette im Kanal. Keine Kunst, sie schwimmt mit der Strömung, aber irgendwie haben wir ihr es angetan. Sie zeigt uns allerhand Kunststücke, bis sie auf Artgenossen trifft.
Interessant ist, dass der Etschkanal an dieser Stelle schon etwa 50 bis 60 Meter über dem Niveau der Etsch liegt. Um dieses Niveau beizubehalten, muss man ihn bei Quertälern über Aquädukte führen. Etwa fünf an der Zahl haben wir gezählt. Nach links tut sich wieder ein schöner Blick auf das fruchtbare Valpolicella-Gebiet auf. Und das in der Morgensonne – ein richtiges Geschenk!
Dann erreichen wir Bussolengo, wo heute Markttag ist. Das kommt uns bekannt vor, weil wir in der Nähe der Kirche auch wohnen.
Gleich am Stadtrand sind herrliche alte Villen in schönen, eingewachsenen Gärten.
Dann erreichen wir den Markt, und wenden uns nach Süden.
Wir müssen den Weg nach Sommacampagna finden. Leider gibt es dahin keinen Rad-oder Wanderweg, es bleibt nur die Straße! Und das ist absolut kein Vergnügen. Die Sonne lacht vom wolkenlosen Himmel, und wir stapfen die Straße entlang. Franz versorgt uns an diversen Stellen mit Wasser.
Der Verkehr ist heftig! Kein Wunder, denn wir laufen auf der Verbindungsstraße von zwei Autobahnen, der A 22 vom Brenner nach Modena, und der A 4 von Milano nach Venedig. Und das ohne Bürgersteig. In Sommacampana stehen zwei ältere Damen auf der Straße und sprechen uns an. Sie haben die Aufschrift auf unseren Shirts gelesen und uns respektvoll als „Bravi“ bezeichnet. Wir unterhalten uns ein wenig, die eine spricht fließend französisch, was mir sehr entgegenkommt. Sie wünschen uns noch alles Gute für den weiteren Weg.
In einer Bar in Sommacampagna machen wir eine kurze Rast. Hier sehen wir übrigens die erste frei wachsende Bananenstaude auf unserem Weg. Hier in der Nähe der Alpen ist es wesentlich wärmer im Winter als weiter südlich, weil die kalten Winde aus dem Norden erst etwa 50 km später nach unten fallen.
Auf unserem weiteren Weg nach Villafranca di Verona noch ein Novum: Sepp hatte sich erst gestern bei mir beschwert, dass er noch keinen italienischen Postboten, einen „collega italeana“ getroffen hätte. Heute war es so weit: Er fuhr uns gleichsam direkt in die Arme.
Villafranca di Verona ist schon lange zu sehen, aber es kommt einfach nicht näher. Es ist mühsam, in der Mittagshitze gegen den Verkehr anzukämpfen. Aber irgendwann erreichen wir das Ortsschild, doch die weithin sichtbare Kuppel der Kirche ist nicht mehr zu sehen. Erst im vergangenen Jahr war ich mit meinen Arbeitskollegen Hans Braumiller, Peter Nickel und Dr. Martin Tauscher hier in Villafranca, als wir die Arena von Verona besuchten. Ich ahnte damals noch nicht, dass mein Weg nach Rom genau hier vorbei führen würde…
Wir gehen Richtung Zentrum und wenden uns dann zum Bahnhof. Franz trifft zufällig auf uns, und wir besprechen den weiteren Weg. Sepp hat eine gute Idee: In Verlängerung der Via de Trieste gibt es eine Sandstraße entlang eines Kanals, der direkt zu unserem heutigen Tagesziel führt: Povegliano Veronese.
Servus Jungs, servus Franz,
da ich die letzten Tage ein wenig nachlässig war – Irmgard passiert das nicht, sie schwärmt täglich von euren Berichten- hab ich mir heute gleich drei Etappen vorgenommen. Traumhaft und beneidenswert. Vor allem der wunderschöne Sonnenuntergang über dem Gardasee hat es uns beiden angetan. Da kommen gleichzeitig Fernweh und die schönen Erinnerungen an den Gardasee auf. Und seit der Ankunft von Franz bei euch kommen bei mir Erinnerungen der ganz anderen Art auf. Denkt mal rund 50 Jahre zurück und stellt euch vor, dass ich auch noch dazu stoßen würde. Dann könnten wir wie damals als die „Glorreichen vier Heiligen Drei Könige“ durchs Land ziehen. 🙂
Wir wünschen euch auf eurem weiteren Weg alles Gute und keine Blasen mehr. Viele Extragrüße von Irmgard. Sie genießt die Reiseberichte und hat mich heute zum wiederholten Mal „ermahnt“, dass ich euch das endlich auch mal schreiben soll.
Übrigens: wenn euch euer Weg durch die Poebene auch an der Ortschaft Brescello vorbeiführt, gedenkt in Erfurcht Don Camillo und Peppone.
Liebe Grüße aus der Heimat
Christoph und Irmgard
Liebe Pilger,
Ihr lauft ja offenbar in Kürze in die wunderschöne Stadt Verona ein oder seid im Moment vielleicht auch schon da. Glückwunsch zur Erreichung dieses Zwischenziels! Was für ein besonderes Erlebnis es ist, zu Fuß dorthin zu gelangen, lässt sich für Aussenstehende normalerweise nicht nachvollziehen. Anhand Deiner eindrucksvollen Tagesberichte, lieber Hans, gelingt dies jedoch ohne weiteres und vor allem erfreulich völlig beschwerdefrei. Das ist ein großer Verdienst, vielen Dank dafür! Hans Braumiller, Martin Tauscher und ich haben dort mit Dir in den vergangenen Jahren ja schon oft herrliche Tage während der Opernfestspiele verbracht. Heute wird sich die Zahl der Touristen in der Stadt in Grenzen halten und Ihr könnt deshalb die Atmosphäre für den kurzen Moment Eures Aufenthaltes auf andere, aber bestimmt einzigartige Weise genießen.
Von außen kann ich dazu nur einen bescheidenen Beitrag leisten, den ich dieser Nachricht angefüge und den Anna Netrebko bereits im letzen Jahr, als wir ebenfalls dort waren, beigesteuert hat.
Für Euren weiteren Weg wünsche ich Euch Kraft und Ausdauer und immer mal rechtzeitig eine herzhafte Erfrischung zwischendurch, damit die Gesundheit und der Glaube an das gute Gelingen Eures enormen Vorhabens trotz der großen Hitze nicht nachlassen mögen.
Alles Gute und viele Grüße aus dem im Moment ebenfalls sonnigen Röthenbach
Peter
https://m.youtube.com/watch?v=dZnWKnPlfEI